Dieses „Früher“ umfasst insgesamt rund 700 Jahre Dorfgeschichte. Nach den Deichbauten durch Friesen im 13. Jahrhundert entwickeln sich auf der rechten Elbseite erste Siedlungen auf natürlichen Anhöhen. Dazu gehören Brandstade, Domäne Herrenhof (der Herren von Hitzacker zu Dötzingen), Bitterwerder im Vordeichland und eben Bitter.

Die Bedeutung des Ortsnamens Bitter (erste urkundliche Erwähnung 1450: Bithter) liegt im Dunklen. Alte Flurbezeichnungen erzählen von der Landschaft (©Sammlung Rücker)

Um 1850 leben rund 290 Menschen in Bitter. Auf den etwas höher gelegenen natürlichen Erhebungen haben Bauern ihre Höfe gebaut. Auf ihrem fruchtbaren Grünland züchten sie Pferde der Rasse Hannoveraner, sogar eine Deckstelle des Landgestüts in Celle wird eingerichtet. Auch für ihre gute Rinder- und Schweinezucht sind sie weithin bekannt. Wo das Relief nach Westen zum Dorfende hin flacher und der Boden sandig wird, wohnen die Schiffer, Fischer und Handwerker, dazu Häuslingsfamilien (Pächter).
Heute hat Bitter rund 70 Einwohner. Handwerker, Lehrer, Landwirte im Nebenerwerb, Rentner.

Die Orte hier gehörten hunderte Jahre zum Kirchspiel Hitzacker. Das heißt: Taufen, Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung fanden nur auf der anderen Elbseite in Hitzacker statt. Eine große Fähre transportierte fast rund um die Uhr Menschen, Tiere, Geräte, Wagen. Das änderte sich durch die Grenzziehung nach Kriegsende 1945. Bitter und die umliegenden Dörfer (allesamt historisch immer Lüneburgisch/Hannoversch) werden nun an die sowjetische Besatzungszone übergeben und dem Land Mecklenburg-Vorpommern zugeschlagen. Die DDR erklärt die Gebiete an der Elbe zum Sperrgebiet. Hier kommt nur her, wer einen Passierschein hat. Nach 22 Uhr werden die Grenzen geschlossen. Die Bewohner müssen in ihren Dörfern bleiben. Flüchtlinge aus den ehemals ostdeutschen Gebieten hängen jetzt in den Grenzdörfern fest, kommen nicht mehr über die Elbe in den Westen. Manche finden durch Heirat ein neues Zuhause. Die Bevölkerung wächst, viele Kinder werden geboren. Auch die Lebensfreude kehrt zeitweilig zurück. Natürlich empfinden viele die Beschränkungen ihrer persönlichen Freiheit als sehr schmerzlich, dennoch wird auch im Sperrgebiet gern gefeiert. Mit Musik und Tanz und manchem Tropfen. Aus einer Einkaufsliste für eine LPG-Feier im April 1965:
„270 Flaschen Bier, 30 Flaschen Doppelkorn, 15 Flaschen Likör, 2 Flaschen Weinbrand-Verschnitt, 2 Flaschen Wodka, Schwedenbitter, Aquavit und 1000 Turf-Zigaretten“, aber auch 30 Flaschen Brause. Gefeiert wurde in Bitterwerder, im legendären Gasthaus zur „Kastanie“ mit den leckersten Aalgerichten weit und breit.